Geplante EU-Gebäuderichtlinie: Was beinhaltet diese und wer ist von der geplanten Sanierungspflicht betroffen?

Absperrung eines Wohngebäudes mit der Aufschrift Zwangssanierung

In der EU wird derzeit eine ehrgeizige Initiative vorangetrieben, die alle EU-Mitgliedstaaten auffordert, Gebäude nachhaltiger und energiesparender zu gestalten und ebnen damit den Weg zur Sanierungspflicht. Die Anforderungen sind ambitioniert: Bis 2050 sollen Gebäude nicht nur klimaneutral sein, sondern Netto-Nullemissionsgebäude werden. Um das zu erreichen, hat das EU-Parlament eine Richtlinie erlassen, die dazu beitragen soll, dass 14 Millionen Haushalte in der EU, insbesondere alte Wohngebäude, energetisch saniert werden. Hierbei ist laut dem Beschluss „Worst First“ angesagt, sprich als Erstes sollen die schlechtesten Gebäude dran glauben: Bei Wohngebäuden mit den Energieeffizienzklassen F und G soll besonders schnell mit der Sanierung begonnen werden. Aber wer ist betroffen? Und welche Möglichkeiten haben Betroffene, um die Kosten zu senken und sich finanziell abzusichern? Lesen Sie hier mehr darüber und erfahren Sie, wie Sie sich auf die Gesetzesänderung vorbereiten können.

Warum EU-Mindeststandards für mehr Energieeffizienz bei Gebäuden?

In der EU sind Gebäude für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Durch die Durchführung von Sanierungsmaßnahmen wie Austausch der Heizung oder bessere Dämmung könnte der Energiebedarf drastisch gesenkt werden und Klimaziele eingehalten werden. Die geplante Gesetzesänderung ist Teil des Klimapakets „Fit for 55“, das zum Ziel, hat die Netto-Treibhausemissionen bis 2030 um mindestens 55 % im Vergleich zum Jahr 1990 zu senken. Bis 2050 will die EU klimaneutral sein. Darüber hinaus sollen EU-Bürger vor hohen Energiepreise geschützt werden, indem der Energieverbrauch der Gebäude gesenkt wird.

Welche Gebäude sind von der Sanierungspflicht konkret betroffen?

Um die energetisch schlechtesten Gebäude zu identifizieren, sieht das Europäische Parlament eine folgende Einteilung der Gebäude in sieben Effizienzklassen vor. Dabei stehen Niedrigemissionsgebäuden (Gebäudeklasse A) den schlechtesten 15 Prozent (Gebäudeklasse G) aus dem nationalen Gebäudebestand gegenüber. Folgende Daten stammen aus einer Auswertung der gemeinnützigen Plattform co2online, die eine mögliche Einteilung nach Verbrauchswerten gemäß dem Gebäudeenergiegesetz veranschaulichen:

Energieeffizienzklasse A+: < 30 kWh/m²a

Energieeffizienzklasse A: 30 bis 50 kWh/m²a (2,3 Mio. Gebäude)

Energieeffizienzklasse B: von 50 bis 75 kWh/m²a (3,1 Mio. Gebäude)

Energieeffizienzklasse C: von 75 bis 100 kWh/m²a (3,3 Mio. Gebäude)

Energieeffizienzklasse D: von 100 bis 130 kWh/m²a (3,1 Mio. Gebäude)

Energieeffizienzklasse E: von 130 bis 160 kWh/m²a (2,5 Mio. Gebäude)

Energieeffizienzklasse F: von 160 bis 200 kWh/m²a (2,1 Mio. Gebäude)

Energieeffizienzklasse G: 200 bis 250 kWh/m²a (2,8 Mio. Gebäude)

Energieeffizienzklasse H: > 250 kWh/m²a

Infolge des EU- Beschlusses müssten also Gebäude mit einem Heizenergieverbrauch ab 160 kWh pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr bis 2030 saniert werden. Das würde insgesamt min. 4,9 Millionen Bestandsgebäude betreffen! Für die Energieffizienzklasse H konnten wir hier leider keine genauen Zahlen finden. Ein Großteil hiervon betrifft besonders unsanierte oder nur teilweise sanierte Gebäude vor 1984. Bis 2030 sollen die betroffenen Wohngebäude mindestens auf Gebäudeklasse E pflichtsaniert werden und bis 2033 sogar bis Gebäudeklasse D. Nichtwohngebäude und öffentliche Gebäude sollen die Energieeffizienzklassen E und D bis 2027 bzw. bis 2030 erreichen.

Ausnahmen für den Sanierungszwang soll es für öffentliche Sozialwohnungen und auch Denkmalgeschützte Gebäude geben. Außerdem sind Ausnahmen für kleine Gebäude unter 50 Quadratmetern geplant und Ferienhäuser, die nur vorübergehend genutzt werden. Weitere Ausnahmen könnten laut EU-Parlament durch die EU-Länder bestimmt werden in Abhängigkeit, ob die Sanierung wirtschaftlich und technisch durchführbar sind oder auch genügend Fachkräfte vorhanden sind.

Bevor die Vorgaben in Kraft treten können, müssen sich die EU-Länder noch auf die genauen Richtlinien und Vorgaben einigen und hier viele Kompromisse finden. Verhandlungen können sich hier noch über mehrere Monate ziehen und Anpassungen sind sehr wahrscheinlich.

Geplante EU-Gebäuderichtlinie: Was beinhaltet diese und wer ist von der geplanten Sanierungspflicht betroffen? picture ean50 GmbH

Warum ist eine Sanierungspflicht kritisch und welche anderen Vorschläge gibt es?

Um die Sanierung zu finanzieren, möchte die EU Gelder zur Verfügung stellen. Hierbei hat die Kommission angekündigt, bis 2030 bis zu 150 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt bereitzustellen. Laut der Förderbank KfW könnten sich die Kosten für einen klimaneutralen Umbau der Gebäude alleine in Deutschland bereits schätzungsweise bis zu 254 Milliarden Euro betragen. Auf den Kosten bleiben dann die Bürger sitzen, insbesondere diejenigen, die sich schlichtweg eine Sanierung bereits jetzt schon nicht leisten können. 

Außerdem weist der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW darauf hin, dass durch die EU-Gebäuderichtlinie bis 2033 45 % der Wohngebäude innerhalb von 9 Jahren saniert werden müssten. Durch den Fachkräftemangel in den Handwerksberufen wäre dies schlichtweg nicht umsetzbar in dieser kurzen Zeit.

Auch für Mieter wird das Wohnen bei einer Sanierungspflicht noch teurer! Denn Vermieter dürfen die Kosten für die Sanierungsmaßnahmen teilweise auf die Miete aufschlagen. Die Jahresmiete kann hierbei bis zu 8 % der auf die Wohnung entfallenden Sanierungskosten erhöht werden.

Als einen möglichen Kompromiss sieht Bundesbauministerin Klara Geywitz einen „Quartieransatz“. Hierbei kommt es nicht auf die Treibhausgasemissionen eines einzelnen Gebäudes an, sondern den CO₂-Ausstoß von einem Stadtteil oder auch eines Dorfes. Einen generellen Sanierungszwang für einzelne Gebäude sieht sie nicht als zielführend. 

Was kann ich aktiv vor der bevorstehenden Sanierungspflicht tun?

Laut Einschätzungen von Experten reichen in den meisten Fällen ein bis zwei Sanierungsmaßnahmen aus um die Anforderungen der EU-Gebäuderichtlinie zu erfüllen. Durch Wärmedämmung von Dach und Außenwänden oder  den Tausch von Fenstern können bereits enorme Wärmeverluste reduziert werden. Somit werden die jeweiligen Betroffenen nicht zu einer Komplettsanierung gezwungen und können Schritt für Schritt ihr Gebäude sanieren.

Der sogenannte iSFP eignet sich besonders für die Schritt-für-Schritt-Sanierung. Beschlossene Maßnahmen in einem Sanierungsfahrplan können innerhalb von 15 Jahren umgesetzt werden, werden staatlich von der BAFA unterstützt und mit Zuschüssen gefördert. Viele der Einzelmaßnahmen werden zusätzlich mit einem Bonus von 5%-Punkten belohnt, sollten diese im Sanierungsfahrplan aufgeführt sein. Die Energieberater von ean50 können die größten Schwachstellen an ihrem Gebäude feststellen und individuelle Maßnahmen an ihre Bedürfnisse ausrichten. Abhängig davon, welchen Effizienzhaus-Standard Sie für Ihre Immobilie anstreben, schlagen wir Ihnen die passende Sanierungsmaßnahme vor. Hier können Sie sich in einem ersten kostenlosen Beratungsgespräch bei unserem Energie-Effizienz-Experten Lukas beraten lassen.

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